Doping – Geißel des Sports

Ein Beitrag von Axel Wintermeyer, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag

Vor Kurzem sind die olympischen Winterspiele in Turin zu Ende gegangen. Leider waren auch diese Spiele nicht dopingfrei. Geradezu filmreife Szenen, einschließlich Polizei-Razzien, spielten sich in österreichischen Olympia-Quartieren ab. Grund hierfür ist das vor der Olympiade eingeführte italienische Anti-Doping-Gesetz. Als Konsequenz kündigte die österreichische Innenministerin Prokop an, ein Anti-Doping-Gesetz in Österreich bis Ende des Jahres umzusetzen.

Neben Frankreich und Italien, deren Anti-Doping-Gesetzgebung als die weltweit Härteste gilt, wäre dies der dritte europäische «Nachbar», der die Problematik des Dopings staatlich regelt. Berechtigterweise stellt sich daher auch in Deutschland die Frage: Brauchen wir ein Anti-Doping-Gesetz? Aus den Reihen der Funktionäre ist oftmals zu hören, die Bekämpfung des Dopings müsse in erster Linie Sache des Sports sein. Wie die Praxis aber zeigt, versagen die Selbstreinigungskräfte des Sports ab und an. Das hat auch strukturelle Gründe, denn sportliche Regelwerke richten sich nur an Personen, die sich diesen freiwillig unterwerfen; in erster Linie also an die aktiven Sportler.

Trainer, Betreuer, Berater oder Ärzte, die zum unmittelbaren Umfeld des Sportlers zählen, werden von diesen Regelwerken jedoch nicht erreicht. Unser Dopingkontrollapparat in Deutschland ist sicherlich gut aufgestellt, aber Dopingkontrollen greifen zu kurz. So beklagte schon vor Jahren Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes: «Da kann sich zum Beispiel ein Dealer mit einem ganzen Koffer voll Anabolika oder Wachstumshormonen bei einem Leichtathletik-Meeting neben die Tartanbahn stellen, es passiert ihm einfach nichts.» Solange er davon nichts abgebe, was schwerlich zu beweisen sein dürfe, mache er sich nicht strafbar.

Insofern hat sich auch der Paragraf 6a des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht bewährt, der nur das so genannte «Dealen» unter Strafe stellt, den «Selbstanwender» aber nicht bestraft. Dadurch, dass die Selbstanwendung straffrei ist, können in Deutschland Ermittlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Razzien in Trainingslagern, nur unter erschwerten Anforderungen erfolgen. Zudem ist es mehr als einfach, die Regelungen des § 6a AMG ins Leere laufen zu lassen, da auch ein größerer Fund an Dopingpräparaten bei einem Sportler, sofern von diesem als Eigengebrauch deklariert, nicht strafrechtlich geahndet werden kann.

Um einen wirkungsvollen Kampf gegen das Doping führen zu können, müsste neben der Einnahme auch der Handel, das Verabreichen und unter bestimmten Voraussetzungen auch der Besitz von Dopingsubstanzen verboten und bestraft werden. Und hier ist ganz klar der Staat gefragt. Denn nur er hat die Möglichkeit, bei Verdacht zu ermitteln. Staatsanwaltschaft und Polizei können Durchsuchungen anordnen oder Beweismittel beschlagnahmen, was ehrenamtlichen Sportfunktionären verwehrt ist.

Die Zuständigkeit des Staates, die bei dieser Problematik gerne in Frage gestellt wird, ergibt sich nicht nur aus dem öffentlichen Interesse an der Dopingbekämpfung. Zwar trifft der privat organisierte Sport selbst die Festlegungen, was fachlich und moralisch unter «fair» zu verstehen ist, doch damit allein kann sich der Sport nicht dem staatlichen Zugriff entziehen.

Aus dem Grundgesetz ergibt sich die Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor Leben und Gesundheit seiner Bürger zu stellen und diese Rechtsgüter auch vor Eingriffen Dritter zu bewahren. Die Verabreichung von gesundheitsgefährdenden Mitteln, sprich Doping, ist nichts anderes als eine Körperverletzung und legitimiert somit einen staatlichen Eingriff. Im Interesse der Öffentlichkeit und der Sportler müssen wir gemeinsam mit den Sportverbänden für einen sauberen Sport sorgen.

Der durch den früheren britischen Premier Winston Churchill geprägte Satz: «Sport ist Mord» darf im modernen Leistungssport nicht Wirklichkeit werden. Zum Schutz für die Sportler, den Sport an sich und vor allem für die Fairness.