„Ich google, wer Du bist“

Ein Beitrag von Axel Wintermeyer, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag

Seit der so genannten „Telekom-Spitzelaffäre“ ist das Thema „Datenschutz“ wieder mehr in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Laut einer aktuellen Emnid-Umfrage sind 57 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass der Datenschutz in Deutschland verschärft werden müsste. Hierbei wurde – teilweise auch von politischer Seite – schnell der Ruf nach einem Stopp des vermeintlichen „Überwachungsstaates“ laut.

Abgesehen davon, dass es sich bei der aktuellen Diskussion um Vorgänge in einem privaten Unternehmen handelt – von einem „Überwachungsstaat“ zu sprechen, ist eine unzulässige Sprachverrohung.

Zum einen richten sich selbst viel kritisierte Maßnahmen, wie die auf europäischer Ebene initiierte Vorratsdatenspeicherung, nicht gegen die Bürger, sondern sollen diese vor schwersten terroristischen Gefahren schützen.

Des Weiteren werden hierzulande bei allem staatlichen Handeln rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt, Aufklärung über Maßnahmen sowie deren rechtliche Überprüfbarkeit sind selbstverständlich. In krassem Widerspruch zu solchen Diskussionen steht jedoch das praktische Handeln eines nicht unbedeutenden Anteils der Bevölkerung.

Wo einst, aus Angst vor Datenmissbrauch, eine geplante Volkszählung Anlass genug war, das Bundesverfassungsgericht zu bemühen, verzichten heute viele Bürger freiwillig auf das damals geschaffene „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, indem sie ohne Not höchstpersönliche Daten preisgeben.

Die Gefahr beginnt schon bei unscheinbar wirkenden Rabatt- und Kundenkarten: Wenn, wie inzwischen üblich, eine Rabattkarte Firmen aller möglicher Brachen vereint, dann lassen sich damit Personenprofile in einer erschreckenden Genauigkeit erstellen. Besonders dann, wenn – wie inzwischen Realität – Rabattkarten auch in Apotheken willkommen sind.

Welche Auswirkungen das Konsumverhalten im Lebensmittelhandel und der Apotheke wohl auf die Angebote des ebenfalls im gleichen Rabattkonsortium befindlichen Versicherungsdienstleisters haben mag? Die Einstufung in den passenden Lebensversicherungstarif fällt sicher leichter, wenn der Versicherer weiß, wie oft der Versicherungsnehmer Chips, Cola oder Bier kauft und welche Medikamente auf seiner Einkaufsliste stehen; keine vergnügliche Vorstellung!

Aber auch im Internet ist der Trend zum Daten-Exhibitionismus ungebrochen. Mit der zunehmenden Nutzung des Internets durch alle Altersschichten sind es nicht mehr alleine Jugendliche, die Gefahr laufen, sich selbst Fallstricke zu legen, indem sie die neuesten Partyvideos vom Wochenende in Netz stellen.

Der Trend macht vor älteren Semestern nicht halt – auch ins Netz gestellte Urlaubsbilder verraten der Weltöffentlichkeit vielleicht mehr, als manch einem lieb sein dürfte. Die wahre Gefahr solcher Datenspuren liegt allerdings in der Verknüpfung verschiedener Informationen sowie in der Dauerhaftigkeit vieler Internetseiten – eine tolle Datenquelle vor allem für Personalchefs. Dass heute vor Bewerbungsgesprächen selbstverständlich in Internetsuchmaschinen recherchiert wird, ist kein Geheimnis mehr.

Als Konsequenz daraus gibt es inzwischen Personensuchmaschinen, die gerade darauf spezialisiert sind, möglichst alle typischen Quellen wie soziale Netzwerke, Foto- und Videoportale oder Blogs nach Informationen abzuklopfen. Und da Informationen aus dem Netz oft nur schwer wieder zu entfernen sind, hat sich beispielsweise bereits die amerikanische Firma „ReputationDefender“ darauf spezialisiert, „Jugendsünden“ oder andere ungeliebte Inhalte im Internet aufzuspüren und zu verbannen – kostenpflichtig.

Aus politischer Sicht möchte ich festhalten: Nicht der Staat ist die Daten-Krake, und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind ausreichend. Das Problem ist ein zunehmender zu freizügiger Umgang mit höchstpersönlichen Daten durch die Betroffenen selbst. Dies erfolgt in aller Regel in Unkenntnis oder durch grobe Fehleinschätzung des eingegangenen Risikos. Dass der im Privaten oft gepflegte laxe Umgang mit Belangen des Datenschutzes auch auf das Handeln in Firmen ausstrahlt, ist nicht verwunderlich.

Es fehlt offenbar in der Masse an einem grundsätzlichen Verständnis für die damit verbundenen Gefahren. Dem kann man nicht mit neuen Gesetzen entgegentreten, sondern hier muss dringend mehr Problembewusstsein geschaffen werden: Eine Aufklärung über Risiken bei der Preisgabe persönlicher Daten muss nicht nur fester Bestandteil der schulischen Ausbildung werden.

Auch eine breit angelegte Aufklärung der Bürger ist notwendig, wenn wir nicht wollen, dass es in Zukunft nur noch heißt: „Gib mir deinen Namen, und ich google, wer du bist“.